Durch die Vulkaneifel fließt sogar die Moldau - Eifelbildverlag
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Durch die Vulkaneifel fließt sogar die Moldau

Vor einiger Zeit fiel mir beim Aufräumen eine merkwürdige, angestaubte EUROPA-Schallplatte in die Hände: Smetanas “Die Moldau” und Schuberts “Die Unvollendete”. Merkwürdig ist diese Platte, weil sie etwas auf dem Cover zeigt, was jeden Kenner der Vulkaneifel bei näherer Betrachtung stutzig machen müsste …

Vor einiger Zeit fiel mir beim Aufräumen eine merkwürdige, angestaubte EUROPA-Schallplatte in die Hände: Smetanas “Die Moldau” und Schuberts “Die Unvollendete”. Merkwürdig ist diese Platte, weil sie etwas auf dem Cover zeigt, was jeden Kenner der Vulkaneifel bei näherer Betrachtung stutzig machen müsste …

… denn dieser dürfte zunächst vermuten, er blicke tatsächlich auf einen Arm der Moldau. Irgendwo in Tschechien, womöglich in einem idyllisch gelegenen Seitental, in dem die Natur noch weitgehend unberührt ist. So suggeriert es zumindest das Cover.

Dem Kenner der Vulkaneifel mag zuerst die schöne Ginsterblüte ins Auge fallen und zum Nachdenken anregen, ob dieser Busch auch an der Moldau weite Verbreitung findet. Wenn da nicht die Kontur des Hügels links, mit seinen ufernahen Felsen, seltsam vertraut wäre und am Horizont ganz rechts ein merkwürdig dunkler Bereich an etwas anderes erinnern würde. Nur an was? Was wurde hier bloß wegretuschiert?

Ganz offensichtlich war das Budget zur Covergestaltung damals klein und an eine Aufahme der Moldau aus dem Land hinter dem Eisernen Vorhang gar nicht zu denken. Womöglich waren Gestalter oder Herausgeber der Platte kurz zuvor einmal in der Vulkaneifel unterwegs gewesen, mit Fotoapparat bewaffnet, und man dachte sich: unter den dort entstandenen Urlaubsfotos ist ein recht gelungenes, das können wir nehmen … Und: es wird eh niemand merken, aus welchem verborgenen Winkel der Erde das Motiv stammt … Zumal: wenn die Moldau eigentlich durch Böhmen fließt, so verortet man sie nun mal eben in die Nähe von Mehren [sic!].

Niedriege Budgets waren ohnehin eine Voraussetzung der jungen Firma: Im Jahr 1965 war diese Schallplatte die erste Klassik-LP des neuen Labels EUROPA. Das Unternehmen wurde von der Miller International Schallplatten GmbH Hamburg gegründet, um Tonträger zum bis dato unschlagbaren Preis von 5 DM auf den Markt zu bringen. Bekannt wurde EUROPA im Laufe der Jahre vor allem durch zahlreiche Hörspielproduktionen – aber eben auch durch Klassik-Schallplatten.

Sonderlich sorgsam ging man mit diesem Erst-Produkt ohnehin nicht um. Neben dem “gefakten” Foto der Moldau sind auch andere Angabenrecht merkwürdig. Das Cover weist die Dirigenten Gunnar Staern und John Pritchard aus – laut Labelaufdruck soll jedoch Randolph Jones verantwortlich zeichnen. Zu Dritt werden sie wohl nicht agiert haben. Zudem: “Das Londoner Philharmonische Orchester” … ob es tatsächlich das “London Philharmonic Orchestra” war, welches diese uninspirierte Interpretationen von Smetana und Schubert einspielte? Ohnehin wäre interessant zu erfahren, woher man an diese Aufnahmen zur Veröffentlichung gelangte.

Nach weiteren Recherchen habe ich herausgefunden, dass diese Aufnahme international unter verschiedenen Labels immer und immer wieder neu verwertet wurde. Zu befürchten steht sogar, dass diese dürftige Einspielung Generationen von Musik-Freunden in Europa an die klassische Musik herangeführt hat. Die “Moldau” gilt ohnehin bis heute DIE Einsteiger-Musik für junge Klassikfreunde.

Auch erfreute sich das Cover-Foto einer gewissen Beliebtheit. Inzwischen habe ich eine weitere Schallplatte aufgetan, die ca. 1970 in Spanien vertrieben wurde und das gleiche Motiv zeigt. Auf diesem Tonträger befindet sich ebenfalls die “Moldau”, diesmal aber zusammen mit Liszts “Les Préludes” und Smetanas Ouvertüre aus “Die verkaufte Braut”. Sie sollte in keinem (eifeler) Plattenschrank fehlen!

Für diejenigen, die die Auflösung, welches bekannte Eifel-Motiv sich hier verbirgt, noch nicht kennen: Viel Spaß beim Raten.

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Von Tim Becker

Dr. phil. Tim Becker, ein waschechter Dauner, lebt nach 21 Jahren wieder in seiner Geburtsstadt.
Er studierte Musikwissenschaft, Soziologie und Ethnomusikologie in Bayreuth und Bamberg und promovierte über Körperlichkeit in der Musik des frühen 20. Jahrhunderts. Seine Forschungen und zahlreichen Veröffentlichungen beziehen sich auf die Ästhetik und Philosophie musikalischer Diskurse und – mit Leidenschaft – immer wieder auch auf die Eifel. 2005 ist er Mitbegründer des Institut Denkunternehmung, einer bis dato einzigartigen international tätigen Vereinigung kreativer Wissenschaftler außerhalb des zuweilen eingefahrenen Hochschulbetriebs. Seit Ende 2014 lebt er wieder im Herzen der Vulkaneifel.